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Verwaltungsvorschrift
des Innenministeriums über das Kirchenaustrittsverfahren

Vom 8. Dezember 2017 – Az.: 2-1023.1/1 –

(GABl. S. 618)

Zur Durchführung des § 26 des Kirchensteuergesetzes (KiStG) in der Fassung vom 12. Mai 2015 (GBl. S. 320) wird gemäß § 30 KiStG bestimmt:
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INHALTSÜBERSICHT
Anwendungsbereich
1
Religionsgemeinschaften
2
Persönliche Voraussetzungen der austrittswilligen Personen
2.1
Geschäftsfähige Personen und Vertretungen
2.2
Betreute Personen
2.3
Minderjährige Personen
2.4
Ausländische Staatsangehörige
3
Zuständige Stelle
4
Austrittserklärung
4.1
Bestimmheit
4.2
Wirksamkeit
4.3
Austrittserklärung zur Niederschrift
4.4
Datenschutz
4.5
Erklärung in öffentlich beglaubigter Form
4.6
Bestätigung der Austrittserklärung
4.7
Formulare
5
Mitteilungen an die Religionsgemeinschaft und andere Behörden
5.1
Mitteilung an die Religionsgemeinschaft
5.2
Mitteilung an die Meldebehörde
5.3
Mitteilung zur Beurkundung in Personenstandsregistern
5.4
Form der Mitteilung
6
Übertritt zu einer anderen Religionsgemeinschaft
7
Aufbewahrung der Austrittserklärungen
8
Gebühren
9
Schlussbestimmungen
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Anwendungsbereich

Jeder hat das Recht, aus einer Religionsgemeinschaft, unbeschadet eines anderweitigen Verständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft, mit bürgerlicher Wirkung auszutreten (§ 26 Absatz 1 Satz 1 KiStG). Die Austrittserklärung ist beim zuständigen Standesamt persönlich zur Niederschrift abzugeben oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Sie darf keine Bedingungen oder Zusätze enthalten (§ 26Absatz l Satz 2 KiStG).
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1 Religionsgemeinschaften

Religionsgemeinschaften im Sinne von § 26 KiStG und im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift sind Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Die Regelungen für die Religionsgemeinschaften gelten nach § 29 Kirchensteuergesetz entsprechend für die Weltanschauungsgemeinschaften, sofern diese Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.
Die Verleihung der Körperschaftsrechte an weitere Religionsgemeinschaften im Sinne· dieser Verwaltungsvorschrift wird vom Kultusministerium im Gesetzblatt des Landes Baden-Württemberg (GBI.) bekannt gegeben.
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2 Persönliche Voraussetzungen der austrittswilligen Personen

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2.1 Geschäftsfähige Personen un Vertretung

Die Austrittserklärung ist eine höchstpersönliche Willenserklärung, die von jeder volljährigen und geschäftsfähigen Person abgegeben werden kann. Die Erklärung durch einen bevollmächtigten Vertreter ist nicht zulässig.
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2.2 Betreute Personen

Der Betreuer kann den Austritt nicht für die betreute Person erklären. Die betreute Person kann den Austritt selbst erklären, sofern sie hierfür nach der Beurteilung des Standesbeamten oder der Standesbeamtin über ausreichende Geschäftsfähigkeit·verfügt.
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2.3 Minderjährige Personen

Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung (KErzG) in der Fassung vom 17. Dezember 2008 (BGB!. I S. 2586) findet Anwendung.
Danach gibt ein Kind, das das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, die Austrittserklärung, ohne dass es der Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters bedarf, selbst ab, es sei denn, es ist geschäftsunfähig. EineVertretung durch die gesetzlichen Vertreter ist ausgeschlossen.
Für Kinder unter 14 Jahren erklären die gesetzlichen Vertreter, in der Regel die personensorgeberechtigten Eltern, den Austritt. Haben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht, können sie den Kirchenaustritt des Kindes nur gemeinsam erklären. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, bedarf die Austrittserklärung der ausdrücklichen Zustimmung des Kindes.
Steht das Sorgerecht für das Kind einem Vormund oder Pfleger allein zu, kann er den Austritt für das Kind nicht erklären (§ 3 Absatz 2 Satz 6 KErzG).
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2.4 Ausländische Staatsangehörige

Das Austrittsrecht steht in gleicher Weise ausländischen Staatsangehörigen zu, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Baden-Württemberg haben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Austrittserklärung nach dem Heimatrecht des ausländischen Staatsangehörigen wirksam wird.
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3 Zuständige Stelle

Zuständig für die Beurkundung der Austrittserklärung und die Entgegennahme der öffentlich beglaubigten Austrittserklärung ist das Standesamt, in dessen Bezirk die austrittswillige Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Unter mehreren hiernach zuständigen Standesämtern hat die austrittswillige Person die Wahl.
Eine schriftliche Austrittserklärung, die bei einem unzuständigen Standesamt eingeht, wird unverzüglich an das zuständige Standesamt weitergeleitet.
Personen, die im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben, unterliegen nach § 3 Absatz 1 KiStG nicht der Kirchensteuerpflicht. Bei diesem Personenkreis bedarf es daher keiner Austrittserklärung nach § 26 KiStG, um aus einer Religionsgemeinschaft mit bürgerlicher Wirkung auszutreten.
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4 Die Austrittserklärung

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4.1 Bestimmtheit

Die Austrittserklärung muss den Willen des oder der Erklärenden eindeutig erkennen lassen. Der Austritt darf keine Bedingung oder sonstigen Zusätze, wie Einschränkungen oder Vorbehalte, enthalten. Wer aufgrund staatlicher Vorschriften aus einer Religionsgemeinschaft mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts austreten will, dmf seine Erklärung nicht auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts unter Verbleib in der Religionsgemeinschaft als Glaubensgemeinschaft beschränken.
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4.2 Wirksamkeit

Die Austrittserklärung ist mündlich oder schriftlich abzugeben. Über die mündliche Erklärung ist eine Niederschrift aufzunehmen; die schriftliche Erklärung muss öffentlich beglaubigt sein.
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4.3 Austrittserklärung zur Niederschrift

4.3.1
Über die mündliche Austrittserklärung nimmt der Standesbeamte oder die Standesbeamtin die Niederschrift erst auf, nachdem er oder sie sich der Identität der erschienenen Person und deren Erklärungsberechtigung vergewissert hat. Die Kirche, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, aus der die erklärende Person austreten will, muss eindeutig bezeichnet sein. Der Nachweis der Zugehörigkeit ist nicht erforderlich. Außer in den Fällen des 4.3.4 ist für jede Austrittserklärung eine gesonderte Niederschrift aufzunehmen.
4.3.2
Die Niederschrift enthält folgende Angaben:
  • Vor- und Familiennamen, gegebenenfalls auch Geburtsnamen,
  • die Art der Feststellung der Identität,
  • Wohnsitz oder Ort des gewöhnlichen Aufenthalts,
  • Datum und Ort der Geburt,
  • die Austrittserklärung mit Ort und Datum,
  • eine etwa erforderliche Einwilligungserklärung (vergleiche Nummer 5.3).
Mit dem Einverständnis der austrittswilligen Person wird auch der Ort, an dem die Mitgliedschaft begründet wurde (z.B. Taufe), in die Niederschrift aufgenommen, wenn er bei der Niederschrift benannt wurde. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin prüft nicht, ob die Angabe zum Ort der Begründung der Mitgliedschaft zutreffend ist.
4.3.3
Die zur Niederschrift abgegebene Austrittserklärung wird mit der eigenhändigen Unterzeichnung der Niederschrift durch die austrittswillige Person wirksam. Vor der Unterschrift ist die Niederschrift der austrittswilligen Person vorzulesen und von ihr zu genehmigen. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin hat dies in der Niederschrift festzustellen und die Niederschrift zu unterschreiben und mit Dienstsiegel zu versehen.
4.3.4
Ehegatten, Lebenspartner sowie Eltern und Kinder können sich in derselben Urkunde erklären, wenn sich der Austritt auf dieselbe Religionsgemeinschaft bezieht.
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4.4 Datenschutz

Die austrittswillige Person ist gemäß § 14 Absatz 1 des Landesdatenschutzgesetzes in der Fassung vom 18. September 2000 (GVBl. S. 648), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2015 (GBl. S. 1198), auf den Erhebungszweck, die Reichweite seiner Auskunftspflicht, insbesondere über die Freiwilligkeit von Angaben sowie auf die Mitteilungspflichten des Standesamtes gegenüber anderen Behörden hinzuweisen. In der Niederschrift ist zu vermerken, dass die datenschutzrechtliche Unterrichtung vorgenommen wurde.
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4.5 Erklärung in öffentlich beglaubigter Form

4.5.1
Wird eine Austrittserklärung schriftlich erklärt, ist die Unterschrift der erklärenden Person von einem Notar zu beglaubigen (öffentliche Beglaubigung gemäß § 129 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Die Beglaubigung der Unterschrift auf einer schriftlichen Austrittserklärung durch eine Behörde oder einen anderen Standesbeamten oder ein andere Standesbeamtin ist nicht zulässig.
4.5.2
Geht beim Standesamt eine öffentlich beglaubigte Austrittserklärung ein, so wird auf der Erklärung deren Eingangstag vermerkt. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin prüft die Vollständigkeit der Angaben über die Person, die Erklärungsberechtigung, die Eindeutigkeit der Austrittserklärung, insbesondere das Nichtvorhandensein unzulässiger Bedingungen oder Zusätze sowie die Gesetzmäßigkeit der öffetnlichen Beglaubigung. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin veranlasst etwa notwendige Ergänzungen.
4.5.3
Die in öffentlich beglaubigter Form eingereichte Austrittserklärung wird mit ihrem Eingang bei dem zuständigen Standeamt wirksam.
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4.6 Bestätigung der Austrittserklärung

4.6.1
Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin bescheinigt der ausgetretenen Person den Austritt. Die Bescheinigung über den Austritt ist mit der Unterschrift des Standesbeamten oder der Standesbeamtin und dem Dienstsiegel zu versehen.
4.6.2
Im Fall eines mündlichen erklärten Austritts kann als Bescheinigung eine beglaubigte Abschrift der Niederschrift verwendet werden, die mit dem Zusatz „Mit dieser Erklärung ist der Austritt wirksam geworden“ versehen ist.
4.6.3
Ist die Austrittserklärung schriftlich wirksam zugegangen, hat die Bescheingung die unter Nummer 4.3.2 aufgeführten Angaben sowie die entsprechenden Angaben über die von der Erklärung erfassten minderjährigen Kinder zu enthalten. Die Angaben über den Ort, an dem die Mitgliedschaft begründet wurde, werden nur in die Bescheinigung aufgenommen, soweit sie bekannt sind. Als Bescheinigung kann eine beglaubigte Abschrift der öffentlich beglaubigten Austrittserklärung verwendet werden, die mit dem Zusatz: „Mit dem Eingang der öffentlich beflaubigten Austrittserklärung am ....ist der Austritt wirksam geworden“ versehen ist.
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4.7 Formulare

Für die Niederschrift wird die Verwendung eines Vordrucks nach dem Muster der Anlage 3, für die beglaubigte Abschrift die Verwendung eines Vordrucks nach dem Muster der Anlage 4 empfohlen.
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5 Mitteilungen an die Religionsgemeinschaft und andere Behörden

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5.1 Mitteilungen an die Religionsgemeinschaft und andere Behörden

Das Standesamt teilt den Austritt der für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der ausgetretenen Person zuständigen Kirchengemeinde oder Religionsgemeinschaft unverzüglich mit. Die Mitteilung kann auch an eine von der Religionsgemeinschaft zu benennende Verwaltungsstelle erfolgen.
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5.2 Mitteilung an die Meldebehörde

Das Standesamt teilt den Austritt der Meldebhörde mit (§ 26 Absatz 3 KiStG).
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5.3 Mitteilung zur Beurkundung in Personenstandsregistern

Die ausgetretene Person ist darauf hinzuweisen, dass eine in den Personenstandsregistern eingetragene Religionszugehörigkeit auf Wunsch gelöscht werden kann. Der Standesbeamte oder die Standesbeamtin verweisen die ausgetretene Person an die hierfür zuständige Behörde.
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5.4 Form der Mitteilung

Die Mitteilung erfolgt durch Übersendung einer beglaubigten Kopie der Niederschrift über die mündliche Austrittserklärung oder im Fall einer schriftlichen Austrittserklärung durch Übersendung einer beglaubigten Kopie der Bestätigung.
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6 Übertritt zu einer anderen Religionsgemeinschaft

Der Übertritt von einer Religionsgemeinschaft in eine andere ist in § 26 Absatz 4 KiStG abschließend geregelt. Die an der Vereinbarung über den Übertritt im Bereich der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg beteiligten Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften ergeben sich aus der Anlage 2.
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7 Aufbewahrung der Austrittserklärung

Die Austrittserklärungen sind 30 Jahre lang nach ihrem zeitlichen Anfall geordnet in besonderen Sammelakten aufzubewahren. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Austrittserklärungen dem zuständigen Archiv anzubieten.
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8 Gebühren

Die Erhebung von Gebühren für Amtshandlungen der Standesbeamten und Standebeamtinnen im Austrittsverfahren richtet sich nach §§ 2 und 11 des Kommunalabgabengesetzes. Danach können Gemeinden für öffentliche Leistungen, die sie auf Veranlassung oder im Interesse Einzelner vornehmen, auf der Grundlage einer Satzung Gebühren erheben.
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9 Schlussbestimmungen

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 2018 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft. Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten tritt die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über das Kirchenaustrittsverfahren vom 26. November 2010 (GABl. S. 469) außer Kraft.
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