Rechtsstand: 01.01.2021

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2. Die Gemeindepfarrerinnen und Gemeindepfarrer

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Artikel 92

( 1 ) Gemeindepfarrerinnen und Gemeindepfarrer werden zum Dienst in einer Gemeinde oder in mehreren Gemeinden berufen.
( 2 ) Die Vollmacht des Amtes der Gemeindepfarrerin bzw. des Gemeindepfarrers ist in dem der ganzen Kirche gegebenen Verkündigungsauftrag begründet.
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Literatur
de Wall, Heinrich (2016): Pfarrer und Kirchenbeamte. In: Anke, Hans Ulrich / de Wall, Heinrich / Heinig, Michael (Hrsg.): HevKR. Tübingen, § 6.
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Artikel 92 behandelt die Berufung von Pfarrerinnen und Pfarrern, die in der Gemeinde tätig sind.1# Gegenüber dem Rechtszustand von vor 2007 ist neu, dass Pfarrinnen und Pfarrer auch für den Dienst in mehreren Gemeinden berufen werden können. Damit soll das Problem gelöst werden, dass kleinere Gemeinden nicht von einer anderen nur »mitversorgt«2# werden müssen, wenn die Errichtung einer eigenen Pfarrstelle nicht möglich ist. Die gleichberechtige Berufung für beide Gemeinden bietet sich vor allem in den Fällen an, in denen keine oder nur geringe Größenunterschiede zwischen ihnen bestehen.
2
Durch das Gesetz zur Änderung der Grundordnung vom 20 April 20133# sind in Absatz 1 die früheren Bestimmungen zur Zuständigkeit von Pfarrerinnen und Pfarrern entfallen und der Regelung im Pfarrdienstrecht überlassen worden. An dieser Stelle gestrichen wurden auch die Bestimmungen über die Ummeldung von Gemeindegliedern für einzelne Amtshandlungen4# oder im Ganzen zu einer anderen Gemeinde5#.
3
Durch Absatz 2 wird klargestellt, dass auch der Dienst im Gemeindepfarramt seine Vollmacht nicht aus der Beauftragung durch die örtliche Gemeine ableitet, sondern in dem der ganzen Kirche gegebenen Verkündigungsauftrag begründet ist.6# Die Regelung wurde Artikel 92 Abs. 1 beigestellt, da es sich um eine grundsätzliche Aussage über den Dienst der Gemeindepfarrerinnen und Gemeindepfarrer handelt, die in besonderer Weise auch die Unabhängigkeit des ordinierten Amtes kennzeichnet.7# Das wird dadurch besonders unterstrichen und gewährleistet, dass Pfarrerinnen und Pfarrer auf Gemeindepfarrstellen um der Unabhängigkeit ihrer Verkündigung willen nur versetzt werden können, wenn sie sich um die andere Verwendung bewerben oder der Versetzung zustimmen oder wenn ein besonderes kirchliches Interesse an der Versetzung besteht.8#

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1 ↑ Zu den Voraussetzungen für eine Berufung vergl.: de Wall (2016): Rdnr. 41 ff.; zu Pfarrerinnen und Pfarrern mit allgemein kirchlichen Aufgaben und im Religionsunterricht siehe Art. 94 GO.
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2 ↑ Das hat sich vor allem als ein psychologisches Problem erwiesen.
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3 ↑ GVBl. S. 109.
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4 ↑ Siehe jetzt Art. 10 Abs. 5 GO und § 10 Abs. 5 AG-PfDG.EKD; früher Art. 92 Abs. 2 u. 3 GO.
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5 ↑ Siehe jetzt Art. 8 Abs. 3 GO; früher Art. 92 Abs. 4 GO.
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6 ↑ § 9 Abs.1 AG-PfDG. EKD (RS Baden Nr. 400.090); siehe früher Abs. 1 im Vorspruch zum Pfarrerdienstgesetz vom 2. Mai 1962 (GVBl. S. 21); zu den theologischen Grundlagen siehe auch bei Art. 1 GO und Art. 89 GO.
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7 ↑ Vergl. die Begründung zum Grundordnungsänderungsgesetz 2013, Verhandlungen der Landessynode, Frühjahr 2013, S. 152.
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8 ↑ Zu den möglichen Versetzungsgründen vergl. 79 Abs. 2 PfDG-EKD (RS Baden Nr. 400.094); siehe dazu: H. de Wall (2016): Rdnr. 99 ff.; zur Möglichkeit der Versetzung von Pfarrerinnen und Pfarrern in allgemein kirchlichen Diensten vergl. bei Art. 94 Rdnr. 6.