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Verordnung
über den Inhalt und die Führung der Personalakten
in der Evangelischen Landeskirche in Baden
(Personalaktenverordnung/PA-VO)

Vom 7. März 1995

(GVBl. S. 78)

Der Evangelische Oberkirchenrat erläßt aufgrund von § 127 Abs. 2 Nr. 11 der Grundordnung der Evangelischen Landeskirche in Baden folgende Verordnung:
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Präambel

Personalführung und Personalplanung sind ohne Personalakten nicht denkbar. Die Personalakte genießt sowohl aus dienstlichem Interesse als auch im schutzwürdigen privaten Interesse der Mitarbeiterin und des Mitarbeiters einen besonderen Vertrauensschutz. Das Persönlichkeitsrecht und der Vertrauensschutz der Mitarbeiterin und des Mitarbeiters gebieten es, die Personalakte nur in zulässiger Weise zu verwerten. Deshalb erläßt der Evangelische Oberkirchenrat diese Verordnung:
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§ 1
Geltungsbereich

Auf die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse und die privatrechtlichen Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Evangelischen Landeskirche in Baden, ihrer Kirchenbezirke, Kirchengemeinden, kirchlichen Stiftungen sowie ihrer Einrichtungen und Anstalten finden diese Personalaktenverordnung und die dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen in der jeweils geltenden Fassung entsprechend Anwendung.
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§ 2
Personalaktenführung

( 1 ) Über jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter ist eine Personalakte zu führen. Sie ist vertraulich zu behandeln und vor unbefugter Einsicht zu schützen.
( 2 ) Zur Personalakte gehören alle Unterlagen einschließlich der in Dateien gespeicherten, die die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter betreffen, soweit sie mit ihrem/seinem Dienst- oder Arbeitsverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten). Nicht Bestandteil der Personalakte sind Unterlagen, die besonderen, von der Person und dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis sachlich zu trennenden Zwecken dienen, insbesondere Ausbildungs- und Prüfungsakten.
( 3 ) Wird die Personalakte in Grundakte und Teilakten gegliedert, so ist in die Grundakte ein vollständiges Verzeichnis aller Teilakten aufzunehmen. Wird die Personalakte nach sachlichen Gesichtspunkten in Grundakte und Teilakten gegliedert, können Teilakten bei der für den betreffenden Aufgabenbereich zuständigen Stelle geführt werden. Nebenakten (Unterlagen, die sich auch in der Grundakte oder in Teilakten befinden) dürfen nur geführt werden, wenn die personalverwaltende Stelle nicht zugleich Beschäftigungsstelle ist oder wenn mehrere personalverwaltende Stellen für die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter zuständig sind; sie dürfen nur solche Unterlagen enthalten, deren Kenntnis zur rechtmäßigen Aufgabenerledigung durch die betreffende Stelle erforderlich ist. Über Teil- und Nebenakten ist der die Grundakte führenden Stelle Mitteilung zu machen.
( 4 ) Schriftliche Unterlagen, die im Zusammenhang mit seelsorgerlichen Vorgängen erststanden sind oder dem Seelsorger oder der Seelsorgerin anvertraut wurden, dürfen nicht in die Personalakte gelangen, wenn sie der seelsorgerlichen Schweigepflicht unterliegen.
( 5 ) Zugang zur Personalakte dürfen nur Personen haben, die im Rahmen der Personalverwaltung mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten beauftragt sind, und nur soweit dies zu Zwecken der Personalverwaltung oder der Personalwirtschaft erforderlich ist; dies gilt auch für den Zugang im automatisierten Abrufverfahren. § 5 bleibt davon unberührt.
( 6 ) Der Dienstherr darf personenbezogene Daten über Bewerber und Bewerberinnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur erheben, soweit dies zur Begründung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses – insbesondere auch zu Zwecken der Personalabrechnung –, (Personalverwaltung) oder zur Durchführung organisatorischer, personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere auch zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes (Personalwirtschaft) erforderlich ist oder eine Rechts- oder Verwaltungsvorschrift dies erlaubt. Zentrale Fragebogen, mit denen solche personenbezogenen Daten erhoben werden, bedürfen der Genehmigung des Evangelischen Oberkirchenrats, soweit nicht in anderen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften abweichende Regelungen getroffen sind.
( 7 ) Personalaktendaten dürfen nur für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft verwendet werden, es sei denn, die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter willigt in eine andere Verwendung ein oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen Dritter fordern die Auskunftserteilung zwingend. Inhalt und Empfänger der Auskunft sind der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter schriftlich mitzuteilen. Soweit im Personalaktenrecht nichts anderes bestimmt ist, richten sich Verarbeitung und Nutzung nach den Vorschriften des Kirchengesetzes über den Datenschutz.
( 8 ) Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter ist zu Beschwerden, Behauptungen und Bemerkungen, die für sie/ihn ungünstig sind oder ihr/ihm nachteilig werden können, vor deren Aufnahme in die Personalakte zu hören. Die Äußerung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters ist zur Personalakte zu nehmen. Anonyme Schreiben dürfen nicht in die Personalakte aufgenommen werden.
( 9 ) Unterlagen über Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen sind, falls sie
  1. sich als unbegründet erweisen, mit Zustimmung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen und zu vernichten,
  2. für die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter ungünstig sind oder ihr/ihm nachteilig werden können, auf Antrag der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters nach drei Jahren zu entfernen und zu vernichten; dies gilt nicht für dienstliche Beurteilungen.
Die Frist nach Satz 1 Nr. 2 wird durch erneute Sachverhalte im Sinne dieser Vorschrift oder durch die Einleitung eines Straf-, Disziplinar- oder Lehrbeanstandungsverfahrens unterbrochen. Stellt sich der erneute Vorwurf als unbegründet oder falsch heraus, gilt die Frist als nicht unterbrochen.
( 10 ) Mitteilungen in Strafsachen, soweit sie nicht Bestand der Disziplinarakte sind, sowie Auskünfte aus dem Bundeszentralregister sind mit Zustimmung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters nach drei Jahren zu entfernen und zu vernichten. Abs. 9 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
( 11 ) Vorgänge und Eintragungen in der Personalakte über strafgerichtliche Verurteilungen und über andere Entscheidungen in Straf-, Bußgeld-, sonstigen Ermittlungsverfahren, die keinen Anlaß zu disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegeben haben, dürfen spätestens nach zwei Jahren bei Personalmaßnahmen nicht mehr berücksichtigt werden.
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§ 3
Beihilfeakten

Unterlagen über Beihilfen sind stets als Teilakte zu führen. Diese ist von der übrigen Personalakte getrennt aufzubewahren. Sie ist in einer von der übrigen Personalverwaltung getrennten Organisationseinheit zu bearbeiten; Zugang sollen nur Beschäftigte dieser Organisationseinheit haben. Die Beihilfeakte darf für andere als für Beihilfezwecke nur verwendet oder weitergegeben werden, wenn der Beihilfeberechtigte/die Beihilfeberechtigte und der/die bei der Beihilfegewährung berücksichtigte Angehörige im Einzelfall einwilligen oder die Einleitung oder Durchführung eines im Zusammenhang mit einem Beihilfeantrag stehenden behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens dies erfordert oder so weit es zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl, einer sonst unmittelbar drohenden Gefahr für die Wahrnehmung des kirchlichen Auftrages oder einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Unterlagen über Heilverfahren.
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§ 4
Sonstige Verwendung der Personalakten

( 1 ) Ohne Einwilligung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters ist es zulässig, die Personalakte für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft des Evangelischen Oberkirchenrats oder einer im Rahmen der Dienstaufsicht weisungsbefugten Stelle vorzulegen. Das gleiche gilt für Stellen desselben Geschäftsbereichs, soweit die Vorlage zur Vorbereitung oder Durchführung einer Personalentscheidung notwendig ist, sowie für Stellen eines anderen Geschäftsbereichs desselben Dienstherrn, soweit diese an einer Personalentscheidung mitzuwirken haben. Ärzten, die im Auftrag der personalverwaltenden Stelle ein medizinisches Gutachten erstellen, darf die Personalakte ebenfalls ohne Einwilligung vorgelegt werden. Für Auskünfte aus der Personalakte gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend. Soweit eine Auskunft ausreicht, ist von einer Vorlage abzusehen.
( 2 ) Auf Antrag dürfen Auskünfte an Dritte nur mit Einwilligung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters erteilt werden, es sei denn, daß die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen des Dritten die Auskunftserteilung zwingend erfordern. Der Antrag des Dritten ist zu begründen. Inhalt und Empfänger der Auskunft sind der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter schriftlich mitzuteilen.
( 3 ) Vorlage und Auskunft sind auf den jeweils erforderlichen Umfang zu beschränken.
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§ 5
Einsichts- und Auskunftsrecht

( 1 ) Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter hat auch nach Beendigung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ein Recht auf Einsicht in ihre/seine vollständige Personalakte. Satz 1 gilt auch für die beauftragten Angehörigen (Ehegatten, Kinder, Eltern). Die Beauftragung muß der gesetzlichen Schriftform entsprechen.
( 2 ) Einem schriftlich Bevollmächtigten/einer schriftlich Bevollmächtigten der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters ist Einsicht zu gewähren, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Dies gilt auch für Hinterbliebene, wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird, und für deren Bevollmächtigte.
( 3 ) Dem Recht auf Einsicht in die Personalakte steht das Recht auf Auskunft aus der Personalakte gleich.
( 4 ) Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter hat ein Recht auf Einsicht auch in andere Akten, die personenbezogene Daten über sie/ihn enthalten und für ihr/sein Dienst- oder Arbeitsverhältnis verarbeitet oder genutzt werden, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist.
Die Einsichtnahme ist unzulässig, wenn die Daten der Betroffenen/des Betroffenen mit Daten Dritter oder nichtpersonenbezogenen Daten, deren Kenntnis die Wahrnehmung des kirchlichen Auftrages gefährden könnte, derart verbunden sind, daß ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist. In diesem Fall ist der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter Auskunft zu erteilen.
( 5 ) Die personalaktenführende Stelle bestimmt, wo die Einsicht gewährt wird. Soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen, können Auszüge, Abschriften, Ablichtungen oder Ausdrucke gefertigt werden; der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter ist auf Verlangen ein Ausdruck der zu ihrer/seiner Person automatisch gespeicherten Personalaktendaten zu überlassen.
( 6 ) Die Mitteilungen ärztlicher Befunde an die Untersuchte/an den Untersuchten ist Sache des Arztes. Auf Verlangen ist der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter der Inhalt der ärztlichen Zeugnisse und Gutachten zur Kenntnis zu geben.
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§ 6
Automatisierte Datenverarbeitung

( 1 ) Personalaktendaten dürfen in Dateien nur für Zwecke der Personalverwaltung oder der Personalwirtschaft verarbeitet und genutzt werden. Ihre Übermittlung ist nur nach Maßgabe des § 4 zulässig. Ein automatisierter Datenabruf durch andere Stellen ist unzulässig, soweit durch besondere Rechts- oder Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt ist.
( 2 ) Personalaktendaten im Sinne des § 3 dürfen automatisiert nur im Rahmen ihrer Zweckbestimmung verarbeitet und genutzt werden.
( 3 ) Von den Unterlagen über medizinische oder psychologische Untersuchungen und Tests dürfen im Rahmen der Personalverwaltung nur die Ergebnisse automatisiert verarbeitet und genutzt werden, soweit sie die Eignung betreffen und ihre Verarbeitung oder Nutzung dem Schutz der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters dient.
( 4 ) Dienst- oder arbeitsrechtliche Entscheidungen dürfen nicht ausschließlich auf Informationen und Erkenntnisse gestützt werden, die unmittelbar durch automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gewonnen werden.
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§ 7
Aufbewahrungsfristen

( 1 ) Personalakten sind nach ihrem Abschluß fünf Jahre aufzubewahren. Personalakten sind abgeschlossen,
  1. wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter ohne Versorgungsansprüche aus dem Dienst ausgeschieden ist, mit Ablauf des Jahres der Vollendung des fünfundsechzigsten Lebensjahres, in den Fällen der Entfernung aus dem Dienst nach dem Disziplinargesetz jedoch erst, wenn mögliche Versorgungsempfänger nicht mehr vorhanden sind,
  2. wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter ohne versorgungsberechtigte Hinterbliebene verstorben ist, mit Ablauf des Todesjahres,
  3. wenn nach der verstorbenen Mitarbeiterin oder dem verstorbenen Mitarbeiter versorgungsberechtigte Hinterbliebene vorhanden sind, mit Ablauf des Jahres, in dem die letzte Versorgungsverpflichtung entfallen ist.
( 2 ) Unterlagen über Beihilfen, Heilverfahren, Unterstützungen, Erholungsurlaub, Erkrankungen, Umzugs- und Reisekosten sind fünf Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Bearbeitung des einzelnen Vorgangs abgeschlossen wurde, aufzubewahren. Unterlagen, aus denen die Art einer Erkrankung ersichtlich ist, sind unverzüglich zurückzugeben oder zu vernichten, wenn sie für den Zweck, zu dem sie vorgelegt worden sind, nicht mehr benötigt werden.
( 3 ) Versorgungsakten sind zehn Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die letzte Versorgungszahlung geleistet worden ist, aufzubewahren; besteht die Möglichkeit eines Wiederauflebens des Anspruchs, sind die Akten dreißig Jahre aufzubewahren.
( 4 ) Personalakten werden in der Regel nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet.
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§ 8
Schluß- und Übergangsbestimmung

( 1 ) Die Aufgliederung der Personalakte in Grund- und Teilakten findet Anwendung für nach Inkrafttreten dieser Verordnung anzulegende Personalakten.
( 2 ) Die Vernichtung und Entfernung von Unterlagen, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung länger als drei Jahre in der Personalakte befinden, erfolgt nicht.
( 3 ) Im übrigen finden die einschlägigen staatlichen und tarifrechtlichen Bestimmungen Anwendung.
( 4 ) Der Evangelische Oberkirchenrat kann Durchführungsbestimmungen erlassen.
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§ 9
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Mai 1995 in Kraft.